Wie viel Digitalisierung passt in den Mittelstand? Genau damit befasst sich das IBHLab KMUdigital. Data4KMU, eines der realisierten Projekte, will auch KMU den Anschluss an Data Science ermöglichen und bietet praxisorientierte Lösungen sowie konkrete Handlungsoptionen dafür, wie Unternehmen mit einfachen Mitteln ersten Servicenutzen aus Daten generieren können.
Die Erfolgsgeschichte ist eines der Innovationsprojekte, welches von Mitgliedern der Swiss Alliance for Data-Intensive Services geleitet wird. Das Schweizer Technologie-Netzwerk unterstützt Unternehmen bei der Entwicklung neuer datenbasierter Produkte und Dienstleistungen.
Zusammen in die Zukunft: Wie viel Digitalisierung muss in den Mittelstand?
Zehn Universitäten, Fachhochschulen und Forschungseinrichtungen aus der Schweiz, Deutschland und Österreich erarbeiten im internationalen Forschungs- und Transfernetzwerk IBH-Lab KMUdigital interdisziplinäre und praxisorientierte Lösungen mit und für kleine und mittlere Unternehmen. Durch den Technologie- und Know-how-Transfer sollen KMU der Bodenseeregion bei der Bewältigung, Umsetzung und Implementierung der rasant fortschreitenden industriellen Digitalisierung unterstützt und ihre Wettbewerbsfähigkeit in der aktuellen technologischen Umbruchphase erhalten werden.
Von der Digitalisierung zur Smart Service Wertschöpfung
Digitalisierungsprojekte streben oft nur die Automatisierung und Effizienzsteigerung von Prozessen an – der Fokus auf den Nutzen für die Kunden kommt zu kurz. Eine verlorene Chance, denn Digitalisierung kann bessere und neue Kundenerlebnisse schaffen, indem Anbieter neue Services vom Kundennutzen ausgehend gestalten. Die gezielte Erhebung und Nutzung von Daten spielt dabei eine tragende Rolle und wird durch die Fortschritte im Bereich Datenverarbeitung und -analyse vereinfacht. Eine erfolgreiche Umsetzung datenbasierter Ansätze muss vom Nutzen für die Kunden ausgehend konzipiert sein und dabei gleichzeitig die Potentiale der neuen Technologien nutzen; Serviceperspektive und technische Perspektive zusammenbringen. Plakativ ausgedrückt kann man sich das so wie beim Tunnelbau vorstellen:
Wenn an beiden Seiten ohne systematische Vorgehensweise und Absprache angefangen wird, gräbt man im schlimmsten Fall komplett aneinander vorbei und viel Potential geht verloren.
Die systematische Erfassung und Auswertung von Daten befähigt Unternehmen, ihr Dienstleistungsangebot beträchtlich auszubauen; im Maschinenbau beispielsweise im Bereich der Servicedienstleistungen. Übliche Dienstleistungen in der Maschinenwartung wie Ersatzteile oder Garantieleistungen waren gestern: Data Science ermöglicht zusätzlich innovative neue Services wie die vorausschauende Wartung von Maschinen oder eine gezielte Beratung entlang der Customer Journey. Diese Services bedingen für Unternehmen nicht nur ein Umdenken darin, was überhaupt alles als Serviceleistung angesehen und angeboten wird, sondern in erster Linie auch ein strukturiertes Datenmanagement und eine iterative und explorative Herangehensweise an die Themen Data Science und Servitization. Genau hier stossen KMUs an ihre Grenzen, denn das typische kleine und mittlere Unternehmen verfügt gewöhnlich nur über wenig Ressourcen in den Bereichen Data Science und Service Design.
Data4KMU: Konkrete Handlungsoptionen für ersten Servicenutzen
Data Science-Projekte oder Initiativen in KMU unterscheiden sich drastisch von solchen in Grossunternehmen und Konzernen. Während diese typischerweise bereits über professionell aufgegleiste Initiativen für datenbasierte Serviceentwicklung verfügen und in langfristig angelegten Projekten beispielsweise eine Optimierung des Outputs auf hohem Niveau anstreben, geht es für KMUs oft viel eher darum, in einem überschaubaren Zeit- und Kostenrahmen die ersten Schritte überhaupt zu machen und einen ersten Servicenutzen aus den verfügbaren Daten zu holen. Genau hier setzt Data4KMU an: In überschaubaren Pilotprojekten zeigt das Projekt den KMU konkrete Handlungsoptionen auf und demonstriert den Firmen handfest, wie sie mit einfachen Mitteln aus den verfügbaren Daten einen ersten Servicenutzen generieren können.
Schnelle Prototypen für den Erfolg - neue Wege für neue Wertschöpfung
In der Praxis hat sich für die Entwicklung von konsequent auf die Kunden ausgerichtete Services das Konzept des Value Proposition Designs bewährt. Die Situation der Kunden wird dabei in den Dimensionen Kundenaufgaben – «Jobs» –, Kundenprobleme – «Pains» – und Kundengewinne – «Gains» – erfasst. Bei der Umsetzung von Service-Design-basierten Projekten ist eine iterative Vorgehensweise in enger Zusammenarbeit mit den Kunden angebracht: mit schnellen Prototypen, sogenanntem Rapid Service Prototyping, kann sehr rasch und kostengünstig gelernt werden, ob man die Jobs, Pains und Gains der Kunden richtig verstanden hat. Scheitern und daraus Lernen ist dabei fixer Bestandteil des Entwicklungsweges. Der Kunde ist stets als Partner involviert und trägt zur Entwicklung bei. Unternehmen sollten für neue, digitale Wertschöpfungsmodelle primär in folgenden zwei Themengebieten neue Wege beschreiten: Im Bereich Service Engineering in der kundenzentrierten Dienstleistungsentwicklung und im Bereich Data Science in der gezielten Verarbeitung und Analyse von Daten, um deren Potential anschliessend für ihre Dienstleistungen zu nutzen.
«Together, we move faster»: Kollaborative Ökosysteme für KMU
Um die relevanten Data Science Anwendungen in das operative Geschäft eines Unternehmens zu integrieren, fährt das durchschnittliche KMU gut mit einem Generalisten: Jemand mit genügend breitem Know-how, um das Thema zu verstehen und die Sachlage richtig einschätzen zu können. Komplexe Programmierarbeiten lassen sich anschliessend gut an Unis, Hochschulen und ähnliche Einrichtungen auslagern. So entstehen partnerschaftliche Kooperationen, die weg von der traditionellen linearen Wertschöpfungskette immer mehr in Richtung eines kollaborativen Ökosystems führen. Genau in solchen Ökosystemen, in denen unterschiedliche Perspektiven und Expertisen zusammentreffen, entfaltet sich Raum für Innovation. Die Swiss Alliance for Data-Intensive Services ist ein starkes Schweizer Technologie-Netzwerk für innovative Unternehmen, akademische Institute und Einzelpersonen mit Fokus auf datengetriebener Wertschöpfung. Stets im Zentrum stehen die drei Hauptbereiche Innovation, Bildung und Inspiration. Ziel ist, die Digitalisierung in der Schweiz nicht nur voranzutreiben, sondern die einzelnen Akteure dazu befähigen, ihre Möglichkeiten auszuschöpfen. Genau zu diesem Zweck setzt die Swiss Alliance for Data-Intensive Services auf Innovationsprojekte wie Data4KMU, die praxisorientierte Lösungen für Unternehmen hervorbringen. Industrie und Wissenschaft tauschen sich in der Alliance aktiv aus und können so Synergiepotential erkennen und nutzen – und bringen die Schweiz vorwärts.
Die Autoren von links: Dr. Jürg Meierhofer, Projektleiter Data4KMU, Leiter Expert Group «Smart Services», Koordinator ZHAW Plattform Industrie 4.0, ZHAW School of Engineering. Dr. Gundula Heinatz Bürki, Geschäftsführerin Swiss Alliance for Data-Intensive Services. Prof. Dr. Christoph Heitz, Präsident Institut für Datenanalyse und Prozessdesign (IDP), ZHAW School of Engineering. Das Projekt IBH-Lab KMUdigital ABH 69 Data4KMU wird aus Mitteln des Interreg-Programms «Alpenrhein-Bodensee-Hochrhein», dessen Mittel vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und vom Schweizer Bund zur Verfügung gestellt werden, gefördert.
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